29.10.2022 / 1. Herren
Wer weiß, welchen Spielverlauf die Partie am gestrigen Freitagabend unter strahlendem Flutlicht genommen hätte, wäre Zehlendorfs junger Schlussmann Jasper Kühn in der 9. Minute nicht so reaktionsschnell zur Stelle gewesen. Einen aus Nahdistanz abgegeben Schuss von Rathenows Bankoue wehrte er mit einer (beinahe) unglaublichen Parade ab. „Jasper hat sensationell gehalten. Wenn wir da in Rückstand geraten ... Jeder weiß ja von uns, wie wir sind, wenn wir einen Gegentreffer bekommen“, gestand 03-Außenspieler Mushakir Razeek hinterher ein. Gut anderthalb Stunden später feierte die „kleine“ Hertha ausgelassen einen deutlichen 5:1-Erfolg über den FSV Optik Rathenow.
Die Zehlendorfer, die weiterhin auf zahlreiche Verletzte Spieler verzichten mussten, hatten die erste Gelegenheit durch Tim Grabow, dessen Schuss in letzter Sekunde geblockt wurde (7.), bis es zur ominösen Parade durch Kühn kam. Zehlendorfs Torhüter sah sich im übrigen zwei freien Gegenspielern im Fünfmeterraum gegenüber, als er den Schuss parierte. Überhaupt begannen die Gäste offensiv und ballsicher, immer wieder lief die Kugel geschickt durch ihre Reihen. „Optik hat in der ersten Halbzeit seine Qualitäten gezeigt“, fand auch Zehlendorfs Co-Trainer Timo Steinert. Doch in Führung gingen die Berliner. Eine Vorlage von Valentin Henneke setzte Kapitän Lenny Stein an den Pfosten, im Nachfassen stocherte Igli Cami den Ball zum 1:0 über die Linie (11.). „Dadurch kippt etwas das Spiel, so dass wir schon ab da das etwas bessere Team waren“, erkannte Steinert. Möglichkeiten von Grabow (23.), Razeek (38.) und von Burda (Kopfball, 42.) blieben ungenutzt. Razeek brachte es auf den Punkt: „In der ersten Halbzeit müssen wir die Torchancen besser nutzen.“
Nach dem Wechsel knüpften die Zehlendorfer an die gute Schlussphase des ersten Abschnitts an. Einen Dombrowe-Freistoß faustete Tobola aus dem Winkel (49.), einen Stein-Kopfball entschärfte Rathenows Torhüter kurz darauf (54.). „In der zweiten Halbzeit haben wir, was die Zweikampfführung und die Präsenz auf dem Platz angeht, nochmal ein deutlich besseres Bild gezeigt“, fasste Steinert zusammen, was sich fortan ereignen sollte. So fiel das 2:0 schon nicht mehr überraschend. Nach einer Razeek-Flanke stiegen der gerade erst eingewechselte Kareem Frölich und Schlussmann Tobola zum Kopfball bzw. Parade hoch, das Leder gelangte zu Jonas Burda, sprang auf, doch per Kopf beförderte der (verkappte) Linksaußen die Kugel ins Netz (65.).
Optik versuchte weiterhin alles, um mit einem Anschlusstreffer in die Partie zurückzufinden, doch spätestens in der 80. Minute wurden die letzten Hoffnungen zu den Akten gelegt. Igli Cami, letzte Woche schon dreifacher Vorlagengeber, schickte Razeek steil, der kompromisslos flach zum 3:0 einschoss, dabei Tobola „tunnelte“. Ein wunderschön herausgespieltes Tor. „Ich bin glücklich, meinen ersten Treffer für Zehlendorf gemacht zu haben“, strahlte Razeek später nach einer (persönlich) starken Vorstellung.
In den Schlussminuten wurde es turbulent. Zunächst gelang Bankoue per Kopf nach einem Eckball für den FSV das 3:1 (87.), anschließend erhöhten James Ndubueze (ebenfalls mit Kopfball nach maßgenauer Ecke von Jason Rupp) (90.+1) und Kareem Frölich nach Pass von David Kinner mit einem schönen Schuss von der Strafraumgrenze auf 5:1 (90.+2). „Das war top für mich“, war Frölich hinterher zufrieden und bewies Teamgeist: „Auch James hat als Auswechselspieler getroffen, das ist klasse. Da hat der Trainer ein glückliches Händchen gehabt.“ Die passende Spielanalyse fand Abwehr-Ass Louis-Nathan Stüwe: „Heute haben wir gewonnen, weil wir als Team aufgetreten sind und auch endlich mal unsere Chancen genutzt haben. Unser Trainer sagt uns immer, dass ein Spiel verschiedene Phasen hat. Und wenn du eine gute Phase hast, musst du ein Tor machen, die schlechten Phasen musst du überstehen. Schön ist es auch, wenn die Einwechselspieler treffen.“
Die Zehlendorfer haben nach den Siegen bei Tasmania (4:1) und gegen Optik Rathenow (5:1) in die Erfolgsspur zurückgefunden. Doch wer genauer hinschaut wird bemerken, dass sie (bis auf Hansas U23) noch gegen kein Team der Top 5 gespielt haben. Die Wochen der Wahrheit beginnen am nächsten Sonntag bei TuS Makkabi (12:00 Uhr! Mommsenstadion). Wer den Aufsteiger aus der Berlin-Liga am letzten Wochenende beim Sieg gegen den Rostocker FC beobachtet hat, wird ahnen, welch Brocken dort auf die „kleine“ Hertha wartet. Bisher sind sie mit schwierigen Aufgaben gut zurechtgekommen, Stolpersteine lauerten eher bei den Vereinen der unteren Tabellenhälfte. Doch darauf verlassen sollten sich „Stein, Stüwe & Co.“ nicht.
FC Hertha 03 – FSV Optik Rathenow 5:1 (1:0)
Hertha 03: Kühn; Stüwe, Dombrowe, Stein (86. Praus); Burda, Henneke (78. Rupp), Razeek, Cami, Stiller (86. Kinner); Grabow (62. Frölich), Ernst (78. Ndubueze)
Die Tore: 1:0 Cami (11.), 2:0 Burda (66.), 3:0 Razeek (80.), 3:1 Bankoue (87.), 4:1 Ndubueze (90.+1), 5:1 Frölich (90.+2)
Zuschauer: 151
Gelbe Karten: Stiller, Ernst